Artikel – Pferde – Impressionen
Zum Sesam-Öffne-Dich wurde die freundliche Einladung durch unser Mitglied, S.K.H. Prinz Sultan bin Salman bin Abdul Aziz Al Saud…
Eine Reise zum Ursprung
Mit dem Asil Club bei den Pferden des Nejd
Nur ein Flug von nicht einmal sieben Stunden trennt uns noch von dem sagenumwobenen Hochland des Nejd, der Wiege des Arabischen Pferdes, das für Generationen von an Arabitis erkrankten Züchtern und für manchen Abenteurer und Entdecker früherer Zeiten das fast unerreichbare Mekka ihrer Träume gewesen war. Denken wir nur an Lady Anne Blunt, die 1875 als erste Europäerin in dieses verschlossene Land gelangen konnte und die ihren Reisebericht nicht von ungefähr unter dem Titel „A Pilgrimage to Nejd“ veröffentlichte. Heute, zu Beginn des 21. Jahrhunderts, sind nicht strapaziöse und gefährliche Reisewege, sondern die Verschlossenheit des Königreichs Saudi Arabien für Nicht-Muslime das Haupthindernis. Doch die Liebe zum Arabischen Pferd kennt keine Grenzen. Zum Sesam-Öffne-Dich wurde die freundliche Einladung durch unser Mitglied, S.K.H. Prinz Sultan bin Salman bin Abdul Aziz Al Saud. Prinz Sultan ist Präsident der Saudi Commission for Tourism and Antiquities, war Schirmherr über den Asil Cup International 1986 und erster arabischer Astronaut. Neben dem durch viele Aufenthalte im Land erfahrenen Dr. Olms betraten Ende Januar fünf Vorstandsmitglieder sowie zehn weitere Züchter und Freunde des Asil Clubs Neuland. Hansi Heck-Melnyk und Terence und Rosi Doyle waren sogar aus Amerika angereist. Für Hans-Jürgen Gottet jedoch war es eine Reise in die Vergangenheit, hatte er doch zusammen mit seiner Frau mehrere Jahre in Riyadh gelebt und gearbeitet. Der Schweizer bereicherte unsere Gruppe aus seinem reichen Schatz an Erinnerungen und Insiderwissen. Wie er damals mit seiner Frau heimkehrte, wäre ein ganzes Buch wert: Elf abenteuerliche Monate auf dem Rücken zweier Asilaraber, von der Wüste in die Alpen!
Königliches Saudi Arabien
Unsere Reisegruppe tauchte für 8 Tage ein in eine fremde, faszinierende Welt, die uns alle sehr positiv überraschte. Das Königreich Saudi Arabien ist ein Land der Gegensätze, auch in der Araberzucht. Die strenge, traditionelle Form des Islams wahabitischer Prägung ist allgegenwärtig und trifft doch mehr und mehr auf die globalisierte moderne Welt. Frei nach einem ehemaligen deutschen Ministerpräsidenten: Saudi Arabien ist Abaya, Laptop und Schleier. Die Hauptstadt ar-Riyadh gleicht zum Teil einer Großbaustelle. Der Berufsverkehr - mit nicht nur zwei sondern vier Stoßzeiten - wurde genauso bestimmt von den Gebetszeiten wie der Ablauf der von uns besuchten 4. Al Khalediah Arabian Horse Show.
Überwältigt wurden wir vor allem von der reichen Gastfreundschaft und der immer herzlichen und fürsorglichen Betreuung, die uns zu Teil wurde. Man hätte uns keinen besseren Mann als Rafiq (arab. Begleiter) zur Seite stellen können als unseren Fawaz al-Beshr, ein Nachfahre des saudischen Gelehrten Utman Al-Beshr. Dessen Buch über das Arabische Pferd konnten wir in der Sammlung von Büchern aus der persönlichen Bibliothek von Staatsgründer König Abdul Aziz Ibn Saud bewundern. Oder Ibrahim, unseren „Chef-Fahrer“. Sein Großvater hatte zur Leibwache Ibn Sauds gehört, geboren im Norden Nigerias. Glauben Sie uns, wir fühlten uns in Begleitung seines Enkels, nicht nur nachdem er uns von seinem Großvater erzählt hatte, sicher wie in Abrahams Schoß. Ihnen beiden, aber auch allen anderen, die zum Gelingen unserer Reise auf mannigfache Weise beigetragen haben, sei an dieser Stelle noch einmal von ganzem Herzen Dank gesagt!
Auch durften wir uns an den Spezialitäten der orientalischen Küche satt essen und, viel wichtiger noch, an vielen wunderschönen und qualitätsvollen Pferden satt sehen. Die Gestütsanlagen waren hochmodern, teilweise luxuriös und gigantisch, Ausdruck des Reichtums und der Wertschätzung der dort untergebrachen Tiere. Doch auch im Kleinen blühte die Liebe zum Arabischen Pferd. Unvergesslich wird uns der Umgang und die Liebe zu den Pferden bleiben, die wir im Stall des jungen Sheikh Saud al Babdeyn beobachten konnten. So drehten alle Pferde, die uns im Freilauf gezeigt wurden, auf einen kurzen Pfiff ihres Betreuers hin um und liefen schnurstracks zu diesem zurück.
Ein Kontrastprogramm zu dem zuvor besuchten 4. Al Khalediah Arabian Horse Festivals auf der riesigen Farm S.K.H. Prinz Khaled bin Sultan Bin Abdul Aziz. Der Sohn des Kronprinzen gewährte beiden Vorsitzenden des Asil Clubs, Dr. W. G. Olms und Dipl.-Ing. Georg Thierer, eine halbstündige Audienz. Die dreitägige Schau war ganz nach westlichem Vorbild gehalten und viele weltweit bekannte Stars der Schauszene wurden vorgestellt. Auffallend war auch dort der große Enthusiasmus des Publikums, besonders für die sogenannten Desert Breds. Das Traditionsbewusstsein der Züchter geht in Saudi Arabien soweit, dass auch für die aus dem Westen importierten Pferde, seien sie asil-ägyptischer Abstammung oder die gemischten Linien der „Show-Araber“, der Mutterstamm angegeben wird. Dabei scheinen die Saudis besonders die Linien zu bevorzugen, die schon von ihren Vorvätern gezogen wurden: Hamdani Simri, Obeyan (Obeyan al-Saifi bei den Desertbreds und Obeyan Om Grees in der Ägypterzucht), Kuhailan Krush und Dahman Shahwan. Leider ist letztere Familie in den originalen Saudi-Linien ausgestorben, weshalb selbst Gestüte, die eigentlich Desert Breds züchten, auf Importe von ägyptischen Pferden zurückgreifen mussten. Prinz Turki bin Fahad bin Jiluwi, Nachfahre der Gouverneure von al-Hasa, zeigte uns auf seinem Gestüt eine Dahmah-Stute aus Amerika, AAS Sawannah. Sie geht allein auf saudische Linien zurück, die zum größten Teil aus der Zucht seiner Väter in Hufhuf stammen. Welch eine Freude zu erleben, dass die Erhaltung des asilen Blutes im Westen durch Asil Club und Al Khamsa solche Frucht getragen hat! Seltene Saudi-Linien, die nicht oder kaum in den Westen gelangten, sind Suwayti al Firm und schließlich Kuhaylan Abu Urqub, welche besonders im Staatsgestüt in Dirab gepflegt wird.
Das Staatsgestüt in Dirab
Ein ganz besonderes Erlebnis war das King Abdulaziz Arabian Horse Center in Dirab, unter der kundigen Leitung von unserem Mitglied Sami Al Nohait. Seine Leistung ist bewundernswert. Aus den zaghaften Anfängen der 70er Jahre ist ein hoch modernes, ansehnliches Gestüt geworden, das gerade auch die einheimischen Desert Bred Pferde besonders pflegt und in der Zucht sorgfältig von einigen polnischen, spanischen und ägyptischen Linien trennt. Die Qualitätsverbesserung ist unverkennbar und das Bemühen des inzwischen mit dem Titel eines Generaldirektors ausgezeichneten Sami Al Nohait, auch auf den Zuchtschauen diese Desert Breds in eigenen Abteilungen zu präsentieren, hat Erfolge gezeitigt. In besonders freundschaftlicher Atmosphäre wurden wir Besucher hier verwöhnt mit lukullischen Genüssen ebenso wie mit Vorführungen in der Arena.
Das Nejd-Gestüt
Vielleicht der Höhepunkt unserer Reise war der Besuch des Nejd-Gestüts von SKH Prinz Turki bin Fahd bin Abdallah Al Saud mitten in der Wüste nahe al-Kharj. Dort werden 300 Desert Breds und einige ägyptische Pferde aus dem Dahman Stamm einfach, aber pferdegerecht gehalten. Desert Breds und Ägypter waren auf den ersten Blick zu unterscheiden. Auffällig waren Stärke und Qualität des Fundaments der Saudis sowie erstklassige, das Reiterherz erfreuende, schwungvolle und elastische Bewegungen mit gutem Schub aus der Hinterhand. Die Hälse waren meist gut angesetzt und geformt, vereinzelt auch massiv ausgeprägt, fast wie bei den sog. Barockpferden. Neben vielen tiefrümpfigen Pferden gab es auch schmale, hochbeinige Typen. Der Kopf unterscheidet sie am stärksten von den modernen Arabern. Das Profil ist gerade bis leicht nach außen gebogen, selbst bei manchen Stuten. Trotzdem zeigten diese Tiere Adel und Trockenheit. Beeindruckend war insbesondere die Reihe der Zuchthengste, die uns vorgestellt wurden. Im Licht der untergehenden Sonne tanzten sie vor unseren Augen über den Wüstensand, voller Kraft und Anmut, lebendig gewordene Traumbilder. Sie hätten historischen Fotografien entsprungen sein können. Ein Typ Araber, der als Kriegspferd einmal Weltruhm genossen hat und der nicht in Vergessenheit geraten darf! Welch ein Vorrecht dies erleben zu dürfen! Welch ein Erbe, das hier bewahrt wird!