Ich traf ihn zum ersten Mal in den 1990er und besuchte ihn dann endlich 2003 in seinem paradiesischen Gestüt al Badeia in Kairo zum ersten Mal. Viele weitere Besuche folgten, denn er war immer ein großzügiger Gastgeber und ein hochinteressanter Partner für tiefgründige Gespräche über unser bevorzugtes Thema, das arabische Pferd.
Er sagte zu mir einst in einem Interview: "Wenn am Ende meiner Tage die Menschen mich dafür in Erinnerung behalten, dass ich ein paar gute Pferde gezüchtet habe und dass ich meinen Teil für das Wohl des rein ägpytischen Arabers beitragen habe, ist dies meine größte Errungenschaft." Er hat weit mehr als das erreicht, er hat einen bleibenden Eindruck in der Welt des arabischen Pferdes und in den Herzen vieler Menschen hinterlassen.
Als Züchter gehörte er zur Weltklasse und wurde zu Recht 2013 mit der Auszeichnung für sein Lebenswerk von der Arabian Horse Breeders Alliance geehrt, der Milestone Award der Pyramid Society folge 2015. Sein Gestüt Albadeia repräsentiert 80 Jahre Araberzucht, das sind drei menschliche Generationen und etwa zehn Pferdegenerationen. Seit 1990 hatte er die Zügel in der Hand, aber seine Liebe und sein Verständnis für diese PFerde reicht noch weiter zurück, denn schon als Junge war reiten seine liebste Beschäftigung. Nasr Marei züchtete Pferde wie Gelgelah Albadeia, Welt-Championesse 2013, das erste Pferd aus Ägypten, das diesen Titel errang. Die vielen, vielen weiteren nationalen und internationalen Champions können hier gar nicht genannt werden, die Zukunft von Albedaie wird nun wohl in den Händen seiner Neffen liegen, die hoffentlich ein weiteres Kapitel Gestütsgeschichte schreiben werden.
In seinem Berufsleben studierte Nasr Marei Agrarwissenschaften an der Universität Ain Shams in Kairo. Zwischen 1964 und 1969 studierte er an der Universtität von Kalifornien, in Davis, USA, um seinen Master und Doktorgrad zu erlangen. Zwei Jahre später kehrte er nach Ägpyten zurück. Nasr sagte einst: "Ich hatte mein Leben nicht so geplant, wie es dann sich entwickelte. Ich hoffte, eine akademische Karriere einzuschlagen, aber in Ägypten war das nicht möglich. Ich wußte, wenn ich zurück nach Ägypten gehe, kommt das einem akademischen Selbstmord gleich. Aber ich hatte viele Möglichkeiten, um eine andere Karriere zu verfolgen und ich bin froh, dass ich zurückging und hege keinen Groll...."
Als er nach Kairo zurückkam, arbeitete er als Wissenschaftler und Professor an der Universität von Ain Shams, aber beendete die akademische Laufbahn nach 8 Jahr. Er arbeitete anschließend für eine internationale Firma mit Sitz in der Schweiz als Leiter der wissenschaftlichen Abteilung in Kairo und später als Regionalleiter. 1981 gründete er die erste Abfüllfirma für Mineralwasser in Ägypten, Baraka, zusammen mit Vittel, einer Gruppe von Freunden und seinem Bruder. Er war der Vorsitzende und später Mitglied des Vorstands, bis sie die Firma Mitte der 1990er Jahre an Nestlé verkauften. Von nun an zog er sich aus seiner beruflichen Tätigkeit zurück und widmete den Rest seines Lebens ganz seiner Passion, dem arabischen Pferd.
Nasr Marei war ein Mitglied der WAHO auf Lebenszeit und hatte verschiedene Positionen innerhalb der ECAHO inne, zuletzt war er Mitglied des Executive Committees, ein Posten von dem er Ende September 2017 aufgrund von gesundheitlichen Problemen zurücktrat. Diese hatten sich bereits 2015 entwickelt, als er Herzprobleme hatte und eine Nahtoderfahrung, von denen er sich nie ganz erholte. Ende September mußte er sich erneut einer Herzoperation unterziehen, an deren weiteren Folgen er in einer Klinik in München verstarb.
Gudrun Waiditschka